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Krisenzeiten können für Ausbildung genutzt werden

Krisenzeiten können für Ausbildung genutzt werden Posted on 29. Juni 2020

Im Rahmen der Vollversammlung appellierte Rainer Reichhold, Präsident der Stuttgarter Handwerkskammer, die Chance jetzt zu nutzen, die dringend benötigten Nachwuchskräfte für das Handwerk zu gewinnen. „Unternehmen sollten ihren Personalbedarf langfristig planen, denn Fachleute werden auch nach der Corona-Krise gebraucht.“ Durch die Pandemie konnten die bislang abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Handwerk der Region Stuttgart das Niveau der Vergleichszeiträume der Vorjahre nicht erreichen. „Diese Zurückhaltung steht in Zusammenhang mit den finanziellen Kosten einer Ausbildung und mangelnder Planungssicherheit“, betonte Reichhold. Gleichzeitig seien während des Lockdowns Ausbildungsmessen, Berufsinfotage und Berufsorientierungsunterricht als bedeutende Akquisemöglichkeiten ausgefallen. Jetzt gelte es, Ausbildung und Qualifizierung zu stabilisieren. „Doch auch in der Krise habe sich gezeigt, dass gut ausgebildete Fachkräfte Grundlage der Wirtschaftskraft des Handwerks sind“, erklärte Reichhold am Montagnachmittag in Stuttgart. Erfreulich sei das jüngst vom Bundeskabinett beschlossene Paket mit Ausbildungsprämien. Das sei auch ein starkes Signal für Handwerksbetriebe, in die Nachwuchssicherung zu investieren.

Es habe sich in der Krisenzeit gezeigt, wie anfällig das Bildungssystem sei, als sich Kinder, Jugendliche und Eltern von Präsenzunterricht auf Homeschooling umstellen mussten. Reichhold: „Ein tragfähiger digitaler Unterbau oder Fähigkeiten im digitalen Lernen und Lehren sind offensichtlich nicht ausreichend vorhanden.“ Er hoffe, dass die Corona-Krise dem Bildungssystem einen Schub gebe, die besten digitalen Lernmittel zu entwickeln und durch die Digitalisierung Bildung gerechter und unabhängiger vom sozialen Hintergrund zu machen. „In der Krise zeigte sich einmal mehr, dass wir uns weiterhin dringend für die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung einsetzen müssen. In den ersten Wochen war die Bildungsdebatte im Land bestimmt von der Sorge um die Abiturprüfungen. Berufliche Bildung und Bildungsstätten dagegen erhielten deutlich weniger Aufmerksamkeit. Deshalb werden wir nicht müde, eine anerkennende politische Unterstützung einzufordern.“

Vor der Sitzung der Vollversammlung der Handwerkskammer Region Stuttgart bestätigte Präsident Reichhold, dass wegen der Corona-Krise die wirtschaftliche Lage in vielen Betrieben nach wie vor als ernst einzustufen ist. Kaum ein Gewerk hätte sich den Auswirkungen des Lockdowns entziehen können, doch Umsatzausfälle und Stornierungen seien sehr unterschiedlich verteilt. Nahezu Komplettausfälle beim Umsatz gab es etwa in den Gesundheitshandwerken und den persönlichen Dienstleistungshandwerken. Bau- und Ausbaubetriebe seien bislang weniger betroffen. Die staatlichen Zuschüsse, die im Rahmen der Corona-Soforthilfe ausgezahlt wurden, seien für viele Unternehmen überlebensnotwendig gewesen. Auch wenn es im Detail Verbesserungspotenzial gibt, etwa bei der temporären Absenkung der Mehrwertsteuer, so begrüße das Handwerk doch das Konjunkturpaket des Bundes als Beitrag zur Sicherung von Wirtschaft und Beschäftigung. „Analog dazu wünschen wir uns von der Landesregierung ein Programm, das speziell auf die Bedürfnisse des Handwerks abgestimmt ist. Dazu zählt beispielsweise die Absenkung der Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent.“

Zudem sprach Reichhold im Zusammenhang mit Corona auch die strukturellen Defizite an, die in den letzten Wochen deutlich geworden sind. „Wir haben erlebt, dass es vor unserer Haustüre eklatante Digitalisierungslücken gibt.“ Dringend benötigt würden deshalb Investitionen, um Verwaltung, Bildung und Wirtschaft maßgeblich voranzubringen. An vielen Stellen habe man zwar schnell improvisiert und seien digitale Lösungen gefunden worden, ohne entsprechende Datenleitungen und Funkverbindungen würden diese aber ins Leere laufen. „Diese Funklöcher müssen möglichst schnell geschlossen werden. Kommunen müssen sich offen für neue Standorte für Mobilfunkstationen zeigen und das Land sollte prüfen, welche seiner Liegenschaften für Mobilfunkinfrastruktur benutzt werden können“, so der Kammerpräsident.

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