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Artdeco-Stil statt weißer Wände

Artdeco-Stil statt weißer Wände Posted on 29. Mai 2024

Wer Kirchenarchitektur zu würdigen weiß, sollte keinesfalls versäumen, einen Abstecher zum kleinen Ort Pfaffen-Schwabenheim (bei Bad Kreuznach) in Rheinland-Pfalz zu machen. Sowohl der frühgotische Chor von 1230 als auch eine barocke Klosteranlage sind eine Besichtigung wert, ebenso die von Friedrich Pützer entworfene evangelische Gustav-Adolf-Kirche aus dem Jahr 1908. Sie gehört zu den frühesten Sakralbauten des bekannten Kirchenbaumeisters. Äußerlich trutzig wirkend und in romanisierender Form gebaut, überrascht sie im Innenraum durch ihr warmes, freundliches Ambiente. Seit dem Abschluss ihrer Sanierung im Jahr 2024 erstrahlt sie im neuen und doch alten historischen Glanz und ist jetzt vermutlich sogar schöner als bei der Einweihung.

Über ein Jahr hat Malermeister Norbert Theis (Malerwerkstätten und Denkmalpflegewerkstätten Pfaffen-Schwabenheim) zusammen mit seinen Mitarbeitern gebraucht, um Kirchenschiff, Decke und Nebenräume mit Artdeco-Ornamenten in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Die auffälligen Muster zeugen von dem erstaunlichen Farbenmut des vor über 100 Jahren von Friedrich Pützer beauftragten Berliner Malers Paul Gathemann.

Als die evangelische Kirchengemeinde von Pfaffen-Schwabenheim eine Sanierung der Kirche beschloss, wollte sie an Vergangenes anknüpfen und sich gleichzeitig für die Zukunft rüsten. Deshalb wurde das Kirchengebäude nach dem Verkauf des Gemeindehauses, das an anderer Stelle stand, in Abstimmung mit dem Denkmalschutz für eine multifunktionale Nutzung umgebaut. Nach Plänen des Architekturbüros Milch wurden ein Treppenlift und eine barrierefreie Toilette integriert. Das südliche Seitenschiff dient nun als Gemeindehaus-Ersatz und ist mit einer Wand aus Glas abgegrenzt, damit die Verbindung zum Kirchenschiff bestehen bleibt. Typisch für die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Friedrich Pützer entworfenen Gotteshäuser ist, dass Altar, Kanzel und Orgel in einer Blickachse liegen und von jedem Platz in der Kirche aus zu sehen sind.

Auf die Sanierung von kirchlichen Gebäuden ist Norbert Theis, Obermeister der Maler- und Lackiererinnung, spezialisiert. Er hat den Verein Fördergemeinschaft Kirchen, Klosteranlagen und Kulturdenkmäler Pfaffen-Schwabenheim gegründet und leitet ihn als Vorsitzender. Seine Verdienste um den Erhalt von Kulturgütern wurden unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande gewürdigt.

Als er von der Landeskirche gefragt wurde, ob er die Originalbemalung der Gustav-Adolf-Kirche von 1908 wiederherstellen könne, war er sich darüber im Klaren, dass er vor der größten Herausforderung in seiner vierzigjährigen Tätigkeit als Malermeister und Kirchenrestaurator stand. Und das, obwohl er weiß Gott einen reichen Erfahrungsschatz hat und es „fast kein Objekt im Rheinland-Pfalz gibt, bei dem unsere Firma nicht dabei war". Schon ein Jahr nach seiner Meisterprüfung hatte er am 1. Oktober 1987 seine Malerwerkstätten mit inzwischen 30 Mitarbeitenden gegründet. Sie werden hauptsächlich mit der Innen- und Außensanierung von Schlössern und historischen Gebäuden beauftragt. Zu den bekanntesten Vorzeigeobjekten zählen der Mainzer Dom und das Kurfürstliche Schloss in Mainz.

In der nach dem Schwedenkönig Gustav Adolf benannten Kirche lag die ursprüngliche Artdeco-Ornamentik unter einem weißen Anstrich, der in den fünfziger Jahren aufgetragen worden war. Die Gründe dafür kann Theis nur vermuten: Vielleicht wollte die Gemeinde damals zurück zur protestantischen Schlichtheit, da das Kircheninnere durch die Kohleheizung stark verschmutzt war und es bereits viele Putzschäden gab. Damals war das Überstreichen der Wände mit weißer und der Decke mit brauner Farbe wahrscheinlich die billigste und praktischste Lösung gewesen.

Bevor mit der Wiederherstellung und Renovierung begonnen werden konnte, mussten die Wandanstriche entfernt werden, unter denen die Originalbemalung lag. Auf der Grundlage alter Fotos führte Restaurator Dr. Thomas Lutgen die ersten Farbuntersuchungen durch und kartierte die Befunde. Norbert Theis kennt den früheren Zustand des Kirchenraums dank jener alten Schwarzweiß-Fotos, die im Treppenhaus des ehemaligen Gemeindehauses hingen und auf denen die aus Friedrich Pützers Zeiten stammende Schablonenmalerei einigermaßen gut erkennbar war. Diese Bilder gehörten zu seinen Inspirationsquellen bei der Wiederherstellung der Muster. Auf der Suche nach weiteren Stilformen blätterte er sämtliche Fachbücher aus den letzten 100 Jahren durch. Doch er entdeckte darin nichts, was den Originalen von Paul Gathemann gleichkam.

Um der Kirchenkommission der Gustav-Adolf-Gemeinde eine Vorstellung von der künftigen Innenraumgestaltung der Kirche zu geben, entfernte er an drei Stellen die mehrlagigen Dispersionsfarben. Dafür musste er sogar ein eigenes Verfahren entwickeln. Die Prozedur durfte keinesfalls zu aggressiv sein, weil dann die Gefahr bestand, dass sich die Wandmalereien zusammen mit den Putz- und Anstrichschichten ablösen würden. „Unter der Farbe waren noch große Teile der alten Bemalung erhalten", stellte Theis zu seiner Freude fest. Auf einigen Befunden konnte man sogar noch die originalen Farbigkeiten erkennen. Die Farben wurden penibel analysiert.

Während der ersten drei Monate der einjährigen Sanierungszeit wurden in jeder Nische und in jedem Bereich die Originalbefunde behutsam freigelegt. Nachdem alle gesichtet waren, konnten sie digitalisiert und am Computer weiterentwickelt werden. Theis erstellte Mustertafeln und rekonstruierte die frühere Bemalung, darunter Achtecke, die sich fortlaufend wiederholen. Dann wurden Schablonen für die Übertragung der wiederkehrenden Muster angefertigt. Auf diese Weise konnten die geometrischen Formen und Farbigkeiten von Paul Gathemann, basierend auf den Befunden, originalgetreu wiedergegeben werden.

Professionelle Unterstützung bei der Neugestaltung holte sich Norbert Theis beim Technischen Berater der Caparol Baudenkmalpflege, Dr. Christian Brandes, mit dem ihn seit über 30 Jahren eine fachlich-kompetente Freundschaft verbindet. Gemeinsam bewerteten sie die Qualität der Wandoberflächen und planten den Anstrichaufbau. Mit Sylitol-Bio-Innenfarbe wurde ein einheitlicher Untergrund für die Malereien geschaffen. Für die Ausmalung wählten sie kräftige gelbe, rote und blaue Farbtöne aus der speziell für die Baudenkmalpflege entworfenen Kollektion Histolith Klassik aus.

Als die Gemeindemitglieder ihre sanierte Kirche wieder besuchen konnten, sparten sie nicht mit Lob für die gelungene Erneuerung. „So etwas Schönes hätten wir uns nie vorgestellt," gestanden sie Norbert Theis. Und er, ein Mann mit dem Lebensmotto „das Ziel nie aus den Augen verlieren", ist stolz, einen weiteren Beitrag zum Erhalt eines Baudenkmals geleistet zu haben.

Dank der Sanierung hat die Gustav-Adolf-Kirche nicht nur optisch dazugewonnen, sondern auch zu einem Aufschwung in der Kirchengemeinde beigetragen. Für Hochzeiten und Kindstaufen ist sie jetzt stärker gefragt denn je.

Bautafel:

Objekt: Gustav-Adolf-Kirche, Pfaffen-Schwabenheim

Auftraggeber: Evangelische Kirchengemeinde, Pfaffen-Schwabenheim

Architekt: Milch Architekten, Wendelsheim

Fachhandwerker: Norbert Theis Malerwerkstätten

Caparol-Beratung: Dr. Christian Brandes, Caparol Baudenkmalpflege

Produkte: Sylitol-Bio-Innenfarbe

Die Sondertöne wurden aus der Histolith-Farbkarte abgemustert und nachgemischt.

Zu Histolith:

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Die Erhaltung unserer Geschichte und unserer Kulturgüter geht mit der Instandsetzung und Pflege von Baudenkmälern Hand in Hand. Es ist Caparol stets ein Anliegen, Produkte und deren Anwendung auf die Bedürfnisse der Kunden abzustimmen und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Daher hat Caparol das Sortiment für die Baudenkmalpflege unter der Sortimentslinie Histolith überarbeitet und dabei optisch an das Caparol Sortiment angepasst.

Histolith bietet weiterhin ein breites Angebot für die Fassadensanierung sowie Kalkfarben für den Innenbereich und ein Saniersystem für Fachwerkhäuser. Damit verfügen Denkmalpfleger, Architekten und Fachhandwerker über ein Produktprogramm, das alle zur Sanierung eines historischen Bauwerks notwendigen Materialien aus einer Hand enthält.

Die Werkstoffe können aber nicht nur für die Baudenkmalpflege eingesetzt werden, sondern ebenso für die Renovierung von Altbauten und hochwertigen Neubauten, wo mineralische Farben eine immer größere Rolle spielen.

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