Im September fand die 21. Internationale Fachtagung Schaumkunststoffe und Polyurethane des Fachverbands Schaumkunststoffe und Polyurethane e.V. (FSK) in Dortmund statt. Im Rahmen des vorabendlichen Get-together feierte der Verband auf den Tag genau sein 60-jähriges Wirken. Der feierliche Tagungsort befand sich nur einen Steinwurf entfernt vom großen Signal Iduna Park mit würdiger Abendveranstaltung im Brauturm des Dortmunder U und einem beeindruckenden Blick auf die Stadt.
Die Tagung widmete sich am ersten Veranstaltungstag den großen, brandaktuellen Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Nach Eröffnung durch den FSK-Vorsitzenden Albrecht Manderscheid, Cannon Deutschland GmbH, berichtete Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer von bvse – Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. in seiner Keynote-Ansprache zu den großen Herausforderungen seiner Mitglieder – den inzwischen 1000 mittelständischen Recycling- und Sortierunternehmen – im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld. Thomas Ross von der Sekisui Alveo GmbH stellte in seinem Fachvortrag zum Thema Kreislaufwirtschaft Polyolefin-Schaumstoffe vor und präsentierte Ansätze, die Sekisui Alveo verfolgt, um ein nachhaltiges Wirtschaften zu erreichen.
Einen spontanen Vortrag hielt Dr. Oliver Möllenstädt vom Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV) mit einem Bericht zu den aktuellen Themen im GKV, die auch den FSK als Trägerverband berühren. Er betonte die Bedeutung und Tragweite der Verbandsarbeit, so bei kritischer Hinterfragung einer Force Majeure, einer gemeinsamen Position im Dialog mit der Politik oder auch zur Aufklärung der Verbraucher. Hierzu präsentierte er die Initiative „Wir sind Kunststoff“ als wirkungsvolles Medium. Eine weitere große Herausforderung der Branche sei in diesen Tagen vor allem die steigenden Strom- und Energiepreise.
In Ihrem Impulsvortrag „Nachhaltigkeit: Ressourcen nutzen und Zukunft gestalten“ fasste Anna-Katharina De Rosis, PLIXXENT Holding GmbH, die Herausforderungen des Recyclings in der PUR-Industrie zusammen.
Direkt im Anschluss diskutierte dann ein Expertenkreis aus der Recyclingindustrie bestehend aus Herrn Dr. Thomas Hillebrand, PDR Recycling GmbH + Co KG, Herrn Dr. Thomas Probst, bvse – Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. und Herrn Marco Werth, RAMPF Eco Solutions GmbH & Co. KG in einer Podiumsdiskussion das Thema „Kreislaufwirtschaft – neu sortiert?“. Dabei wurden unterschiedliche Herausforderungen für die Industrie angesprochen. Nachhaltigkeit sei zwar ein Megatrend in der Branche. Allein Mittelstand und KMUs zeigten sich hier wohl noch zurückhaltend. Die Schwierigkeit bestünde in der getrennten und möglichst „sauberen“ Rückführung gebrauchter Polyurethan (PU)-Materialien wie z.B. von Matratzen oder PU-Dämmplatten. Um für eine Recyclinganlage eine ausreichende Menge an geeignetem Inputmaterial zu generieren, wäre die Zusammenarbeit von verschiedenen Produzenten, die als solche Wettbewerber sind, zur gemeinsamen Auslastung einer Anlage notwendig. Unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten sei dies möglich und für den Ausbau der Kreislaufwirtschaft häufig geboten.
Fakt sei auch, dass PU im Zusammenhang mit Kunststoffen noch nicht im Fokus der öffentlichen Diskussion stünden. Kunden würden aber schon jetzt Konzepte und Lösungen verlangen. Die Branche habe also noch ein kleines Zeitfenster, um sich und PU gegenüber dieser Diskussion aufzustellen. Dafür brauche es glaubwürdige Lösungen für post-Industrielle PU-Reste und für post-Consumer-PU-Abfälle.
Jörg Arntzen, Dow Anlagengesellschaft und Mitglied im Vorstand des FSK führte als Moderator durch die gesamte Veranstaltung.
Der Nachmittag stand dann ganz im Lichte des Festakts zum Innovationspreis Schaumkunststoffe und Polyurethane 2022, vorgestellt von Udo Storck, MASTERFOAM GmbH, Sprecher der FSK-Fachgruppe Converter Network. Für die beliebte Auszeichnung konnten sich Unternehmen, Studierende, Interessierte – kurzum: alle Innovativen in unterschiedlichen Kategorien bewerben. Den Titel unter den vielen großartigen Innovationen verdienten sich in diesem Jahr eine weiche Badelounge aus reinem Schaumstoff der Firma Clavis, das Projekt SAHEL mit einer PUR-Sandwich Heliostat für Solarthermie der Firma Covestro sowie die hochwertigen Leichtpaletten auf Basis geschäumter Biopolymere des Fraunhofer Institut für Chemische Technologie (ICT).
Der zweite Veranstaltungstag startete mit dem Thema künstliche Intelligenz in der PU-Industrie. Michael Stöhr, Albrecht Bäumer GmbH & Co. KG, zeigte auf, dass es durchaus ein Spagat sein kann, die zuhauf von den Maschinen generierten Daten sinnvoll und individuell für die einzelnen Unternehmen zu nutzen und präsentierte Lösungsansätze, wie sie die Plattform Sophie bietet. Passend dazu stellte David Haferkorn von Symate GmbH ein System vor, das auch äußere Einflüsse mit aufzeichnet und auswertet und personelle Analysen und manuelle Justierung überflüssig macht – ein Vorgehen, das in die PU-Industrie eingezogen ist und längst als Wettbewerbsfaktor verstanden wird.
Hohe Aufmerksamkeit beim Publikum erzeugte auch der Vortrag von Tom Berckmans von Cardolite Specialty Chemicals Europe N.V. zu den verbesserten thermischen und mechanischen Eigenschaften und der Flammfestigkeit von PU-Schäumen mit nicht essbarem Cashew-Nussöl als Bestandteil.
Den „Einfluss biobasierter Rohstoffe auf den CO2-Kreislauf“ erläuterte Dr. René Manski, HOBUM Oleochemicals GmbH, und forderte nachdrücklich auf, Lebensmittel und Biomassenutzung immer in Einklang und nicht in Konkurrenz zu stellen.
Die Demonstration von „Lösungen zur Verarbeitung von Graphit als Flammschutzmittel im Hochdruckverfahren“ in einem Film während der Präsentation von Stefano Andreolli von der Cannon Afros S.p.A. erzeugte ein beeindrucktes Raunen bei den Teilnehmern der Fachtagung. Andreolli stellte überzeugend Anwendungsgebiete und Vorteile des Materialeinsatzes gerade vor dem Hintergrund strenger Sicherheitsanforderungen vor.
Die Vortragsreihe endete mit einer Zwischenbilanz zu den REACH Diisocyanate-Schulungen von Nilüfer Bozkurt-Thielscher, FSK Services GmbH, und Klaus Junginger, FSK e.V. Sie berichteten aus den Schulungsprojekten der letzten zwölf Monate und schlossen mit einem Resümee ab, wie die FSK-Services GmbH den Bedarf und Anspruch kleiner und mittelständischer Unternehmen identifiziert und aufgreift, um diese bei der Umsetzung der gesetzlichen Schulungspflicht zu unterstützen.
Mit dem Besuch bei der Firma ATLAS® – the shoe company endete schließlich die zweitägige 21. Internationale FSK-Fachtagung für Schaumkunststoffe und Polyurethane. Bei der geführten Besichtigung durch die Produktions- und Lagerhallen boten sich den Teilnehmern Einblicke in die Herstellung von Sicherheitsschuhen. „Die Besichtigungen sind immer ein Highlight und ein abwechslungsreicher Abschluss unserer Tagungen“, so Klaus Junginger. „Wir freuen uns, dass unsere Partner hier unterstützen, in Ihr Werk einladen und uns tolle Einblicke gewähren. Das ist keineswegs selbstverständlich!“ Den Kontakt zum Unternehmen hatte Dr. W. Alexander Strietholt hergestellt, der lange als Sprecher der Fachgruppe PUR im Verband aktiv war und im Rahmen der Tagung in seinen Ruhestand verabschiedet wurde.
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