Tim Mayer hat im wahrsten Sinne des Wortes seinen Kopf über den Wolken, ist er doch bereits seit seiner Jugend ein leidenschaftlicher Segelflieger. Angefangen hat alles im Freundeskreis mit einem Schnupperflug. „Das fand ich so toll, danach hat mich das Fliegen nicht mehr losgelassen“, erzählt Mayer. Mit Zeitungsaustragen und diversen anderen Ferienjobs konnte der damals 15-Jährige dann seinen Flugschein finanzieren. Klar, dass auch sein späterer Beruf etwas mit seiner großen Faszination fürs Fliegen zu tun haben sollte. Doch nach dem Abitur entschied er sich erst einmal für ein Studium der Betriebswirtschaft für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) an der Hochschule Aalen. „Sozusagen als Basis, eine spätere Unternehmensgründung nicht ausgeschlossen“, sagt der junge Mann und lacht.
Dann folgten „extrem verrückte drei, vier Jahre“. Denn parallel zu seinem Studium absolvierte der gebürtige Stuttgarter eine Pilotenausbildung und entwickelte im Innovationszentrum der Hochschule Aalen (INNO-Z) eine Start-up-Idee – und zwar für eine Charterfluggesellschaft für geschäftliche und private Flugreisen in der Region. Mayers Kernidee war es, Charterflüge nachhaltig zu denken. „Die Zeichnung von CO2-Zertifikaten macht Flüge nicht sauberer“, ist der Jungunternehmer überzeugt und ergänzt: „Zeitgemäße Mobilität mit Flugzeugen braucht ein durchdachtes Konzept und die richtige Maschine.“ Er gründete „aeroalpin“ und bestellte mit Unterstützung eines Mitgesellschafters eine Pilatus PC-12 NGX, die voraussichtlich Ende August ausgeliefert und im September ihren Jungfernflug antreten soll. „Das war schon immer mein Lieblingsflugzeug. Das ist jetzt wie ein doppelter Jackpot: Berufspilot zu sein und dieses schicke Flugzeug zu fliegen“, schwärmt Mayer mit leuchtenden Augen und fügt lachend hinzu: „Ich bin voller Vorfreude und zähle gerade jeden Tag runter.“
Die Entscheidung für sein Lieblingsflugzeug, in dem bis zu sechs Fluggäste Platz finden, sei auch ein aktiver Beitrag zur Reduktion von Ressourcen. Der High-Performance-Turboprop verbrauche im Vergleich zu Multi-Engine-Flugzeugen bis zu 80 Prozent weniger Kraftstoff – sprich weniger Kerosin und folglich weniger Emissionen bei gleicher Reichweite. Oder, wie es der inzwischen 24-Jährige formuliert: „Das beste Kerosin ist genau jenes, das nicht durchs Triebwerk fließt.“ Das könne auch ein Argument für Unternehmen sein, die eigentlich nicht mehr fliegen wollen, sei es aus Kosten- oder Umweltgründen oder die diese Art von Mobilität noch gar nicht auf dem Schirm hätten. Doch mit seinem Start-up will er nicht nur Geschäftsleute ansprechen, sondern auch Touristinnen und Touristen; vor allem aus dem asiatischen Raum. „Wir können über 2000 Flugplätze in Europa ansteuern, uns reicht eine 700-Meter-Piste und wir können sogar auf Gras landen“, erzählt Mayer stolz. Auch wenn Corona derzeit noch die Reiseaktivitäten gerade der Chinesinnen und Chinesen bremse, zeigt sich Mayer optimistisch: „Das ist in Zukunft ein vielversprechender Markt mit viel Potenzial.“
Dass er seine Idee am INNO-Z umsetzen konnte und nicht als Luftnummer abgetan wurde, dafür ist Mayer dankbar. „Je konkreter mein Start-up aeroalpin wurde, desto mehr Themen rückten in den Fokus. Beispielsweise die passende Rechtsform oder die Erarbeitung eines Finanzierungsmodells. Ein Dschungel voller Aufgaben und Entscheidungen, im dem man – auf sich alleine gestellt – schnell den Überblick verliert“, erzählt er. Doch stAArt-UP!de, die Gründungsinitiative der Hochschule Aalen, und das INNO-Z hätten für Orientierung gesorgt. „Gemeinsam haben wir aeroalpin auf Kurs gebracht“, freut sich Mayer. „Ohne diesen Rückenwind und die Unterstützung meiner Eltern hätte ich dieses verrückte Projekt vielleicht aufgegeben.“ Dankbar ist er auch seinem Mitgesellschafter gegenüber, der das Risikokapital beigesteuerte habe, nachdem vorherige Bankgespräche im Sande verlaufen seien.
„Es braucht in Deutschland mehr Mut. Es gibt hier so viele tolle Ideen, Möglichkeiten und Gründer, aber der Schlüssel ist leider immer das Kapital. Wir brauchen aber neue Start-ups und Unternehmen, sonst wird das für den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährlich. Die Banken müssen einfach mehr Mut zeigen“, sagt Mayer und klingt jetzt fast ein bisschen zornig. „Wir brauchen so junge Wilde, die sich was trauen und hoch hinauswollen“, sagt INNO-Z-Geschäftsführer Andreas Ehrhardt und lacht. Das muss er Tim Mayer jedenfalls nicht zweimal sagen. „Wir überlegen gerade, noch eine zweite oder dritte Maschine zu bestellen“, sagt der Jungunternehmer mit einem breiten Grinsen. Dass er sein Hobby jetzt tatsächlich zum Beruf gemacht hat, kann Mayer selbst manchmal noch nicht richtig fassen. „Das ist ein ganz toller Job! Fliegen macht unglaublich viel Spaß, besser als Kino“, strahlt Mayer.
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