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Der Schelling Studienpreis 2023

Der Schelling Studienpreis 2023 Posted on 20. November 2023

Am 15. November 2023 wurde zum fünften Mal der Schelling Studienpreis der Schelling Architekturstiftung an der KIT-Fakultät für Architektur verliehen. Mit diesem Preis werden seit 2015 alle zwei Jahre die besten Abschlussarbeiten von Studierenden der Fakultät ausgezeichnet. Insgesamt waren acht Masterarbeiten nominiert.
Der Schelling Studienpreis ist das studentische Pendant zu den renommierten Schelling Architekturpreisen für Architekturtheorie und Architektur, mit denen die Stiftung seit 1992 zukunftsweisende Entwicklungen in der Architektur sowie herausragende Leistungen in der Architekturtheorie auszeichnet.

Der Jury des Studienpreises gehört immer auch der bzw. die letzte Preisträger*in des Architekturpreises an. Diesmal war dies die französische Architektin Sophie Delhay, die 2022 mit dem Schelling Architekturpreis ausgezeichnet worden war. In der Jury waren außerdem die KIT-Absolventin Clara Süssmann, die 2021 mit dem Studienpreis ausgezeichnet wurde, sowie drei Mitglieder aus dem Wahlkuratorium der Schelling Architekturstiftung: der Direktor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt/Main Peter Cachola Schmal, die Architektin Jette Hoop (Snøhetta, Oslo) und die Wiener Architekturtheoretikerin Angelika Fitz.
Prof. Ludwig Wappner, Leiter des Professur Entwerfen und Baukonstruktion führte in die Veranstaltung ein. Die Laudationes verlas Dr. Ursula Baus aus dem Stiftungsrat der Schelling Architekturstiftung.

Den mit 2.000 Euro dotierten Hauptpreis erhielt Silvi Kociu für ihre Masterarbeit „Sanddeponierung im Hamburger Spreehafen“.
Silvi Kociu zeigt in ihrer Arbeit, wie die Unterhaltungsarbeiten in den Hamburger Schifffahrtskanälen genutzt werden können, um eine neue Landschaft für Tiere und Pflanzen zu schaffen. Den zur Aufrechterhaltung der Schifffahrt aus den Kanälen ausgebaggerte Sand nutzt sie zur Schaffung eine kohabitativen Ökosystems bestehend aus einem Lebensraum für Tiere und einem natürlichen Freizeitbad.
Die Arbeit spannt gekonnt einen weiten kulturellen Bogen von den Anfängen der Landnahme durch den Menschen bis hin zu dem von Kociu geforderten Rückzug des Menschen aus strategisch ausgewählten Gebieten. Die von ihr vorgeschlagenen architektonischen Objekte sind Variationen typischer Hafeninfrastrukturen wie Kranbahnen und Förderbänder.
Die Arbeit wurde von Prof. Simon Hartmann und Prof. Christian Inderbitzin betreut.

Zudem wurden drei mit jeweils 500 Euro dotierte Anerkennungen vergeben:
Eine ging an Jonathan Heid für seinen Entwurf „Bewusstsein Bauen – Ein Zentrum für das Neue Europäische Bauhaus“ (Betreut von Prof. Ludwig Wappner und Prof. Dirk Hebel).
In seiner Masterarbeit entwickelt Jonathan Heid vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Ressourcenknappheit ein Szenario für den Umbau von vier leerstehenden Gebäuden auf dem KIT-Campus Süd. Durch deren systemischen und nachhaltigen Umbau zeigt Heid die Potenziale vergleichbarer Forschungs- und Lehrgebäude aus den 60er, 70er und 80er Jahren für die städtebauliche Revitalisierung auf.  

Eine zweite Anerkennung ging an Alexander Rapp für seine Arbeit „Region. Architektur. Identität _ Strukturentwicklung durch architektonische Intervention“ (Betreut von Prof. Ludwig Wappner / Prof. Dr. Riklef Rambow).
Die Masterthesis von Alexander Rapp setzt sich sehr pointiert mit den strukturellen Wandlungsprozessen in der sächsischen Kleinstadt Glashütte im Erzgebirge auseinander. Für die von Bevölkerungsrückgang, Leerstand und sanierungsbedürftigtem Gebäudebestand geprägte Kleinstadt schlägt er als neuen Ankerpunkt eine Uhrmacherschule mit Lehrwerkstätten vor. Dieser Eingriff bietet neben einer städtebaulichen Neuordnung des Innenstadtbereichs auch die Chance mittels einer ausdrucksstarken Architektur das Uhrmacherhandwerk wieder stärker im Bewusstsein der Region und darüber hinaus zu verankern.

Die dritte Anerkennung ging an Vincent Johannes Witt für seine Arbeit „Forschungszentrum Zukunftsbau – Wie bauen wir die Zukunft?“
(Betreut von TT-Prof. Moritz Dörstelmann / Prof. Dirk E. Hebel)
In einer Ära, die von Klimawandel, Fachkräftemangel und Rohstoffknappheit geprägt ist, versteht sich der Masterentwurf von Vincent Witt als Katalysator für einen Paradigmenwechsel in der Architektur zugunsten nachhaltiger Bautechnologien. Als groß angelegte Forschungsinfrastruktur auf dem Campus West des KIT schafft der Entwurf Raum für interdisziplinäre Zusammenarbeit, ermöglicht die Entwicklung neuer Bautechnologien und positioniert das KIT als Vorreiter in der nachhaltigen Bauforschung.

Nominiert waren außerdem die Projekte:

Marie Kamp
Occhio Espansivo – Utopie im produktiven Exil
Betreut von Prof. Meinrad Morger / Prof. Dr. Oliver Jehle

Sebastian Krumm
European EnergyLAB _ Ein Innovationszentrum für die Energiewende des 21. Jahrhunderts.
Betreut von Prof. Ludwig Wappner / Prof. Andreas Wagner

Benjamin Weber
Nachhaltige Quartiersentwicklung im ländlichen Raum
Betreut von Prof. Dirk Hebel / Prof. Andreas Wagner

Hanna Sartorius
Schützende Räume _ Mannheims verborgene Schätze
Betreut von Prof. Ludwig Wappner / Prof. Henri Bava

Wir gratulieren allen sehr herzlich!

Links:
Schelling Architekturstiftung:
http://schelling-architekturpreis.org/…

Nominierungen

Marie Kamp
„Occhio Espansivo“ – Utopie im produktiven Exil
Betreut von Prof. Meinrad Morger / Prof. Dr. Oliver Jehle

Ausgangspunkt der Masterarbeit ist die ehemalige Gefängnisinsel Santo Stefano im Golf von Neapel. In seiner Geschichte immer ein Ort des Exils. Die panoptische Form des Gefängnisbaus, zurückzuführen auf die Theorien des britischen Philosophen Jeremy Bentham, ist eine Reaktion auf die Zeit seiner Entstehung. Unter Berücksichtigung der Identität des Vorgefundenen geht es beim herausragenden Entwurf um die Nutzbarmachung der bestehenden Struktur. Der Aspekt der Isolation erhält durch seine neue Funktion als Künstlergemeinschaft einen positiven Mehrwert als Ort der Reflexion, Konzentration und des Austausches. Vorbilder sind Künstlerkolonien wie der Monte Verità oder Artist-in-Residence-Programme. Der Umgang mit dem Bestand stellt sich der Frage der Handhabung mit teilweise ruinösen Strukturen. Er konzipiert sich hauptsächlich subtraktiv. Die vorhandenen Räume werden nach dieser Methode subtil zu Ateliers, Künstlerwohnungen und Gemeinschaftsräumen transformiert. Darüber hinaus wird die gesamte Insel landschaftsräumlich aktiviert und die Anbindung an Neapel und die umliegenden Inseln wie Capri gestärkt.

Sebastian Krumm
European EnergyLAB _ Ein Innovationszentrum für die Energiewende des 21. Jhdt.
Betreut von Prof. Ludwig Wappner / Prof. Andreas Wagner

Die Arbeit von Sebastian Krumm beschäftigt sich intensiv und tiefgreifend mit dem sichtbar voranschreitenden weltweiten Klimawandel und der daraus für die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts notwendigen und umfassenden Energiewende. Ein Forschungs- und Testzentrum für die  bisher relativ ungenutzte Technik von Wellen- und Gezeitenkraftwerken bietet in diesem Zusammenhang – im nordschottischen Kirkwall an der Bay of Carness gelegen –  beste ortsspezifische Eigenschaften zur Zusammenführung von Forschung und Praxis und daraus resultierender Erkenntnisse für eine ressourcenschonende Energiewende. Die hierzu notwendigen architektonischen und technischen Einrichtungen werden bauplastisch gekonnt und hoch funktional angeordnet und bilden im Zusammenspiel von Naturraum und artifiziellen Bauwerken ein Leuchtturmprojekt zur sichtbaren Weiterentwicklung von Wellen- und Gezeitenkraftwerken.

Benjamin Weber
Nachhaltige Quartiersentwicklung im ländlichen Raum
Betreut von Prof. Dirk Hebel / Prof. Andreas Wagner

Die Arbeit von Benjamin Weber beschäftigt sich mit den Qualitäten, Potenzialen und Herausforderungen ländlicher Gebiete und deren Rolle in einer nachhaltigen Raumstruktur. Besondere Beachtung erhalten dabei die regionale Baukultur und historische dörfliche Bautypologien, die als Inspiration für zeitgemäßes, nachhaltiges Bauen in Bezug auf kollektives Wohnen, dichte Siedlungsstrukturen und kreislaufgerechte, klimaangepasste Konstruktionen aus lokal verfügbaren Materialien dienen. Vor dem Hintergrund der kleinteiligen Strukturen findet die Betrachtung auf Quartiersebene statt. Im historisch gewachsenen Gebäudebestand zweier exemplarischer Quartiere wurden Entwurfsaufgaben identifiziert, die in dieser und ähnlicher Form unzählige Male in deutschen Dörfern zu finden sind und deren Konzepte dementsprechend leicht auf ähnliche Situationen übertragbar sind: Die klassische Nachverdichtung, das Weiterbauen bestehender Gebäude und der (selektive) Rückbau mit anschließendem modifiziertem Wiederaufbau. Diese modellhaften Konzepte zeigen eine Alternative zur fortschreitenden Zersiedelung auf der Basis immer neuer Einparteienhaus-Neubaugebiete auf, während sie gleichzeitig die Qualitäten des freistehenden Hauses im verdichteten Geschosswohnungsbau anbieten und zentrale Ortslagen neu beleben.

Ein besonderer Fokus wird dabei auch auf das Energiekonzept gelegt, welches zusätzlich zum Prinzip „Neu hilft Alt“ auf neuen Typologien, einer realistischeren Bilanzierung und einer Betrachtung des gesamten Lebenszyklus beruht. Im Ergebnis steht ein Konzept für vollständig klimaneutrale, resiliente Quartiere im bestehenden historischen Kontext nach dem Triple-Zero-Konzept: Zero Energy, Zero Emissions & Zero Waste. Das Projekt wird mittlerweile con Herrn Weber und der Gemeinde weiter verfolgt.

Engere Wahl:

Hanna Sartorius
Schützende Räume _ Mannheims verborgene Schätze
Betreut von Prof. Ludwig Wappner / Prof. Henri Bava

Der imposante Bunker am Pfalzplatz im Mannheimer Stadtteil Lindenhof, der unter einer weitläufigen Betonfläche weitgehend vor der Öffentlichkeit verborgen liegt und von altem Baumbestand gesäumt wird, wird von Hanna Sartorius pointiert und sensibel von seiner ehemaligen Funktion als Schutzraum in einen neuen, sozial konnotierten öffentlichen Raum der Geborgenheit und des Rückzugs, aber auch der Geselligkeit und Kommunikation transformiert.

Dabei nutzt sie geschickt und nachvollziehbar die komplexen Besonderheiten des ehemaligen Tiefbunkers, die ökologischen und freiraumplanerischen Qualitäten des umgebenden alten Stadtparks sowie eine einladend entwickelte und aufgeständerte Neubebauung in Holzbauweise und stellt diese im Zusammenspiel als sozialen Ausgleichsraum für die dicht besiedelte umgebende Wohnbebauung als Forum für Treffpunkte, Märkte, Konzerte und weitere individuelle Entfaltungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Anerkennungen:

Jonathan Heid
Bewusstsein Bauen – Ein Zentrum für das Neue Europäische Bauhaus

Betreut von Prof. Ludwig Wappner und Prof. Dirk Hebel

Die Masterarbeit von Jonathan Heid steht mit ihrem Themenkomplex und ihrer Standortwahl im direkten Kontext des fortschreitenden Klimawandels und des gleichzeitigen überdurchschnittlichen Verbrauchs endlicher Ressourcen. Als Testlabor für praktische Anwendungen und als Ort für wissenschaftliche Untersuchungen wählt Heid vier Gebäude auf dem Campus Süd des KIT, die bereits seit einigen Jahren aufgrund hoher Schadstoffbelastungen leer stehen und exemplarisch genutzt werden können. Durch deren systemischen und nachhaltigen Umbau zeigt Heid die Potenziale vergleichbarer Forschungs- und Lehrgebäude aus den 60er, 70er und 80er Jahren für die städtebauliche Revitalisierung auf. Der von ihm ausgewählte Gebäudekomplex ist ein stadtbildprägendes Ensemble in unmittelbarer Nachbarschaft zum Karlsruher Schloss. Die Arbeit zeichnet sich durch eine hohe Fachkompetenz in der Anwendung von Sanierungs- und Kreislaufstrategien für das Gebäudeensemble aus und überträgt diese Fähigkeiten gleichermaßen auf die sich bietenden Nachverdichtungspotenziale und das architektonische Erscheinungsbild im Inneren wie im Äußeren der sanierten Forschungsgebäude.

Alexander Rapp
Region. Architektur. Identität _ Strukturentwicklung durch architektonische Intervention
Betreut von Prof. Ludwig Wappner / Prof. Dr. Riklef Rambow

Die Masterthesis von Alexander Rapp setzt sich mit Ihrer theoretischen und praktischen Ausarbeitung sehr feinsinnig und pointiert mit dem bekannten Phänomen des strukturellen Wandlungsprozesses ländlicher Regionen auseinander. Er wählt dazu beispielhaft die sächsische Kleinstadt Glashütte im Erzgebirge, deren nachweislicher Bevölkerungsrückgang, deren Leerstand und Sanierungsbedarf im Gebäudebestand und deren gleichzeitig noch immer vorhandene Tradition der Uhrenindustrie, boten die geeignete Ausgangslage neben gesellschaftlichen Veränderungen, auch mittels architektonischer Interventionen die Tradition einer alten Handwerkstradition im Zusammenhang mit einer neuen Uhrmacherschule und Lehrwerkstätten neu aufleben zu lassen. Dieser für die Region naheliegende und identitätsstiftende neue Ankerpunkt bietet neben einer städtebaulichen Neuordnung des Innenstadtbereichs auch die Chance mittels einer ausdrucksstarken Architektur das Uhrmacherhandwerk und Uhrenmanufakturen wieder stärker im Bewusstsein der Region und darüber hinaus zu verankern.

Vincent Johannes Witt
Forschungszentrum Zukunftsbau – Wie bauen wir die Zukunft?
Betreut von TT-Prof. Moritz Dörstelmann / Prof. Dirk E. Hebel

In einer Ära, die von Klimawandel, Fachkräftemangel und Rohstoffknappheit geprägt ist, versteht sich der Masterentwurf von Vincent Witt als Katalysator für einen Paradigmenwechsel in der Architektur zugunsten nachhaltiger Bautechnologien. Als groß angelegte Forschungsinfrastruktur auf dem Campus West des KIT schafft der Entwurf Raum für interdisziplinäre Zusammenarbeit, ermöglicht die Entwicklung neuer Bautechnologien und positioniert das KIT als Vorreiter in der nachhaltigen Bauforschung. Das Forschungszentrum selbst ist ein Beispiel für nachhaltiges Bauen. Durch den Einsatz wiederverwendeter Bauteile, flexibler und rekonfigurierbarer Raumstrukturen sowie modularer Nutzungsszenarien entsteht ein prozessorientiertes, multifunktionales und öffentliches Gebäude. Die Arbeit trägt wesentlich zur Entstehung einer nachhaltigen Baukultur bei und verdeutlicht, wie durch Forschung und Innovation in der Architektur eine nachhaltige Zukunft gestaltet werden kann.

Preisträgerin:

Silvi Kociu    
Sand-Deponierung im Spreehafen Hamburg
Betreut von Prof. Simon Hartmann und Prof. Christian Inderbitzin

Die Masterarbeit von Silvi Koçiu zeigt auf, wie die Unterhaltsarbeiten in den Hamburger Schifffahrtskanälen benutzt werden können zum Erschaffen einer neuen Landschaft für Tiere und Pflanzen. Die Arbeit spannt einen schönen grossen kulturellen Bogen von den Anfängen der Landnahme durch die Menschen bis zum in der Arbeit geforderten Rückzug der Menschen aus strategisch gewählten Flächen. Die vorgeschlagenen architektonischen Objekte sind Abwandlungen der von Kranbahnen, Förderbändern und anderer Apparate der Erdgestaltung.

Besonders hervorheben möchte ich in den historischen Teil der Arbeit von Silvi Koçiu: Die Besitznahme von Land durch die Menschheit wird auf so suggestive, vielfältige und phantasievolle Art über historische Dokumente und Schriften erläutert und in einen Bezug zu heutigen logistischen Betätigungen gebracht, dass sie einen sehr interessanten kulturellen Nährboden für die architektonische Ausarbeitung herstellt.

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