Im konkreten Fall stand ein Kläger in Konflikt mit seiner privaten Krankenversicherung, da er die Wirksamkeit von Prämienanpassungen aus den Jahren 2013 bis 2016 anzweifelte. Der Kläger forderte umfassende Informationen, darunter Angaben zu den Erhöhungen, betroffenen Tarifen, Begründungsschreiben, Nachträgen zum Versicherungsschein und Beiblättern. Diese Forderungen wurden im Rahmen einer Stufenklage gestellt, deren Ziel es war, die Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen festzustellen und mögliche Rückzahlungen zu erwirken.
Zunächst wies das Landgericht die Klage zurück. Jedoch änderte das Berufungsgericht das Urteil teilweise ab und verurteilte die Versicherungsgesellschaft zur Auskunftserteilung, da der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Auskunft hatte. Daraufhin legte die Beklagte Revision ein.
Der BGH entschied, dass die Auskunftsklage an sich zulässig ist, obwohl sie ursprünglich als Stufenklage eingereicht wurde, die die Bezifferung eines Anspruchs verlangt. Die Anforderungen des Klägers wurden in eine eigenständige Klage umgedeutet, da sein Hauptanliegen darin bestand, die Existenz eines Anspruchs zu überprüfen. Der Kläger hatte ein berechtigtes Interesse an der begehrten Auskunft, um die mögliche Unwirksamkeit früherer Prämienerhöhungen zu prüfen.
Das Urteil betont, dass ein Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben unter bestimmten Voraussetzungen für Versicherungsnehmer besteht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie möglicherweise aufgrund früherer, potenziell unwirksamer Prämienerhöhungen Rückzahlungsansprüche geltend machen könnten und keine angemessenen Möglichkeiten zur Selbstbeschaffung der erforderlichen Informationen haben. Darüber hinaus muss nachgewiesen werden, dass der Versicherungsnehmer in entschuldbarer Weise im Unklaren über sein Recht ist.
Die DSGVO gewährt an dieser Stelle keinen Anspruch auf die vollständige Herausgabe von Begründungsschreiben samt Anlagen im Zusammenhang mit Prämienanpassungen. Weder die Anschreiben noch die Anlagen enthalten personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Art. 15 Abs. 3 DSGVO gestattet lediglich das Recht auf eine Kopie der Daten, zu denen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO Auskunft zu erteilen ist, jedoch grundsätzlich kein Recht auf die Herausgabe von Kopien bestimmter Dokumente.
Das BGH-Urteil führte zur teilweisen erfolgreichen Revision, was zur Aufhebung des Berufungsurteils in Bezug auf die Auskunftsklage führte. Das Berufungsgericht wurde angewiesen, die Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben erneut zu prüfen und zu entscheiden. Dieses Urteil unterstreicht die komplexen rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Auskunftsansprüchen im Versicherungsbereich und die Abgrenzung von Datenschutzbestimmungen.
Kommentar:
Das Urteil des BGH markiert einen bedeutenden Meilenstein für die Rechte von Versicherungsnehmern und trägt zur Stärkung ihrer Auskunftsrechte in Bezug auf Prämienanpassungen bei. Es verdeutlicht auch die Notwendigkeit einer klaren Unterscheidung zwischen Auskunftsansprüchen auf Grundlage von Treu und Glauben und den Datenschutzvorschriften der DSGVO. Dieses Urteil schafft Rechtssicherheit und betont die Bedeutung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Versicherungsrecht.
Die Entscheidung könnte weitreichende Auswirkungen auf die Rechtspraxis und künftige Rechtsstreitigkeiten im Bereich der privaten Krankenversicherung haben. Sie trägt dazu bei, die Transparenz und Fairness in diesem Sektor zu fördern und schützt die Rechte der Versicherungsnehmer. Wir werden aufmerksam verfolgen, wie sich dieses Urteil auf die Branche auswirkt und wie es in der Praxis umgesetzt wird.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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