Während in der Vergangenheit häufig Vertreter von Versicherungsunternehmen zu Gast waren, bietet dieses Interview einen seltenen Blick auf die "andere Seite der Macht", wie Wagner es humorvoll formuliert.
Das Verhältnis zur Versicherungswirtschaft: Partnerschaft oder Konfrontation?
Fiedler betont in dem Interview, dass der GVNW sowohl großen Konzernen als auch dem Mittelstand Unterstützung bietet. Große Unternehmen haben oft spezifische Anforderungen, während mittelständische Unternehmen, die nicht über eigene Versicherungsexperten verfügen, in Versicherungsfragen Unterstützung benötigen. "Der Verband kann hierbei helfen, diese Lücke zu füllen oder zu ergänzen, manchmal sogar anstelle von Maklern, je nach konkreter Fragestellung", so Fiedler.
Die zentrale Frage, ob der GVNW und die Versicherungswirtschaft Partner sind oder sich gegenüberstehen, wird von Dr. Fiedler klar beantwortet: "Der Markt, der von Vertrauen geprägt ist, funktioniert nur, wenn man miteinander und nicht gegeneinander agiert." Trotz dieser klaren Positionierung zur Partnerschaft gibt Fiedler zu, dass es aktuelle Streitthemen gibt. Er identifiziert das übergeordnete Problem in einem "Mangel an Risikobereitschaft" seitens der Versicherer. Er verweist auf aktuelle Risiken wie territoriale Ausschlüsse im Ukraine-Krieg, fehlende Kapazitäten im Rückversicherungsmarkt im Zusammenhang mit Naturkatastrophen und unzureichende Cyber-Kapazitäten. Für Fiedler liegt die zentrale Herausforderung darin, dass Versicherer oft versuchen, Risiken zu vermeiden, anstatt innovativ und intelligent mit ihnen umzugehen.
Wagner zitiert Fiedler mit vergangenen Aussagen, dass es den Industrieversicherern an Risikobereitschaft und Geschäftswillen fehle und ihre Relevanz abnehme. Fiedler bestätigt dies und verweist auf eine Studie von McKinsey, die die schwindende Relevanz der Versicherer hervorhebt. Er betont: "Die gesellschaftliche Aufgabe des Versicherers besteht darin, Risiken zu beziffern und transferierbar zu machen. Je weniger dies gelingt, desto weniger wird diese gesellschaftliche Aufgabe erfüllt."
Risikomanagement und Captives: Schlüsselthemen in der Versicherungsbranche
Fiedler beleuchtet auch das Thema der konzerneigenen Versicherungsunternehmen, bekannt als Captives. Diese dienen als Puffer zwischen dem Risikotransfer zum Markt und den Risiken, die ein Unternehmen in seiner eigenen Bilanz trägt. "Captives haben für mich eine Ventilfunktion", betont Fiedler. Sie sind insbesondere für große und komplexe Unternehmen von Bedeutung, um die Risikotragung im Konzern effizient zu steuern und zu vereinheitlichen. Das regulatorische Umfeld, geprägt durch Solvency II und europarechtliche Regularien, birgt jedoch nationale Unterschiede, die besondere Aufmerksamkeit erfordern. Hier sieht Fiedler eine wichtige Rolle für den GVNW, um im Dialog mit der BaFin Themen wie das Proportionalitätsprinzip zu adressieren.
Abschließend thematisiert Wagner das Risikomanagement in Unternehmen. Oft nur als „Cost Center“ betrachtet, wird dessen Nutzen in vielen Unternehmen unterschätzt. Dr. Fiedler stellt klar, dass es kein einheitliches Rollenbild für das Risikomanagement gibt, da es unterschiedliche Funktionen und Zuständigkeiten in Unternehmen gibt. Während das Risikomanagement in der Banken- und Versicherungsbranche gesetzlich vorgeschrieben ist, hat es in der Industrie nicht denselben Stellenwert. Trotzdem betont Fiedler die wachsende Bedeutung des Risikomanagements, insbesondere vor dem Hintergrund neuer regulatorischer Anforderungen und der Notwendigkeit, Entwicklungen wie Klimarisiken zu berücksichtigen.
Erhalten Sie mehr tiefgreifenden Einblicke in die Versicherungswirtschaft. Schauen Sie sich das vollständige Interview mit Dr. Patrick Fiedler in #fredwagner hier an. Für diejenigen, die unterwegs sind oder eine Audioerfahrung bevorzugen, ist die Folge auch als Podcast über Spotify verfügbar.
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