Die Studie lobt die anfänglich entschlossene fiskalische Reaktion im Jahr 2020 als im Grundsatz angemessen. Allerdings zeigen sich im Vergleich des Umfangs der anfänglichen Hilfspakete über die EU-Staaten hinweg Hinweise auf Übertreibungen: „Der Umfang der Unterstützung war außergewöhnlich hoch in Griechenland, Italien und Deutschland. Das gilt auch, wenn man den Umfang der Hilfen in Relation zur Schwere der Corona-Rezession setzt“, sagt Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“. Die Studie argumentiert, dass zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie die undifferenzierten massiven Hilfen nicht mehr angemessen sind. Die Lerneffekte im Umgang mit der Pandemie erlauben es, auch bei wiederkehrenden Pandemiewellen die Unterstützung zurückzufahren. Auch stellt die Analyse klar, dass etliche frühere Geschäftsmodelle in der „neuen Normalität“ nicht mehr lebensfähig sein werden. „Es ist nicht sachgerecht, Unternehmen über Jahre zu stützen, wenn ihr Geschäftsmodell durch die pandemiebedingten dauerhaften Veränderungen hinfällig geworden ist. Dies würde auf eine Zombifizierung der Wirtschaft hinauslaufen“, so Friedrich Heinemann. Die Analyse quantifiziert die geplante Normalisierung der öffentlichen Haushalte bis 2023 und zeigt, dass die Anpassungen in Italien, Frankreich und Griechenland besonders langsam verlaufen. Osteuropäische Staaten wie Estland zeichnen sich demgegenüber durch einen ausgesprochen schnellen Ausstieg aus allen Krisenprogrammen aus und können auf diese Weise eine umfassende Verschlechterung ihrer Verschuldungssituation vermeiden. Sie sind damit deutlich besser als andere für die Bewältigung der neuen aktuellen Krisenlage vorbereitet. Die ZEW-Studie vergleicht zudem die Merkmale der Kredit- und Kurzarbeiterprogramme in der Pandemie. Bei den staatlichen Kreditgarantien hat Spanien eine besonders vielversprechende Strategie, weil es die Banken stärker am Ausfallrisiko beteiligt und somit Anreize setzt, die Lebensfähigkeit von Geschäftsmodellen zu prüfen. Bei den Kurzarbeiter-Regeln sticht Deutschland in der Abwägung zwischen Schutzinteresse und langfristigen Fehlanreizen negativ heraus. „Kein anderes Land praktiziert wie Deutschland den problematischen Anstieg der Lohnersatzrate mit der Länge der Kurzarbeit. Hier ist mit weitreichenden Fehlanreizen und Behinderung von Strukturwandel zu rechnen. Dieser europäische Vergleich ist ein wichtiges weiteres Argument, die jüngst von der Bundesregierung beschlossene weitere Verlängerung der maximalen Bezugsdauer auf 28 Monate kritisch zu hinterfragen“, so Friedrich Heinemanns Kritik. Download der Studie
Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.
Forschungsfelder des ZEW
Arbeitsmärkte und Personalmanagement; Digitale Ökonomie; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement; Marktdesign; Soziale Sicherung und Verteilung; Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft, Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik.
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