Wann eine abhängige Beschäftigung vorliegt
Statusfeststellungsverfahren enden immer häufiger mit dem Ergebnis, dass es sich bei vermeintlich Selbstständigen eigentlich um abhängig Beschäftigte handelt. Es kommt dabei darauf an, ob die Merkmale für eine selbstständige Arbeit oder die für eine abhängige Beschäftigung überwiegen. Eine Beschäftigung ist dabei immer durch eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers charakterisiert (§ 7 Abs. 1 SGB IV).
„Dienste höherer Art“
Diese Weisungsgebundenheit kann aber vor allem bei „Diensten höherer Art“ eher eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Das bedeutet, dass bei Leitungspositionen – trotz fachlicher Weisungsfreiheit – eine abhängige Beschäftigung gegeben sein kann.
Ärztin vertritt Abteilungsleiterin in einer Klinik
Eine Orthopädin sollte die Leiterin der orthopädischen Abteilung einer Klinik bei Urlaub oder Krankheit im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit vertreten. Sie hielt Sprechstunden ab und erstellte fachorthopädische Gutachten. Ergebnis eines Statusfeststellungsverfahrens war, dass sie bei der Klinik abhängig beschäftigt ist, weil sie unter anderem
- einen festen Stundensatz erhält,
- Räumlichkeiten, Arbeitsmittel und Geräte von der Klinik nutzen durfte und
- die konkreten Arbeitszeiten und -orte nicht selbst bestimmen konnte.
Dagegen klagte die Klinik.
Das Urteil des Gerichts
Das Landessozialgericht Hessen kam, wie schon die Vorinstanz, zu dem Ergebnis, dass die Orthopädin bei der Klinik angestellt war. Sie hat für ihre Arbeit
- die Einrichtungen und Betriebsmittel des Krankenhauses genutzt, nicht ihre eigenen,
- arbeitsteilig mit dem ärztlichen und pflegerischen Krankenhauspersonal zusammengearbeitet,
- Anweisungen und Vorgaben der Chefärzte einhalten und
- Kontrollrechte der Klinik akzeptieren müssen.
Dass sie ihre Sprechstunde eigenständig und ohne Aufsicht durchführte, ist nicht entscheidend. Bei Diensten höherer Art tritt das Merkmal der fachlichen Weisungsgebundenheit in den Hintergrund (Urteil vom 15.07.2021, L 8 BA 52/20).
Hinweis: Es kommt auf den Einzelfall an
Es ist egal, ob die Ärztin ihre honorarärztliche Tätigkeit als Haupterwerbsquelle oder im Nebenerwerb ausübt, ob sie dafür eine hohe Stundenvergütung erhält und es sich nur um kurzfristige und seltene Arbeitseinsätze handelt. Sie beschäftigte keine eigenen Mitarbeiter und musste die Leistung höchst-persönlich erbringen.
Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass immer die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts maßgebend sind. Ein und derselbe Beruf kann entweder eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit sein, je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis. „Umso wichtiger ist es, dass Arbeitgeber den sozialversicherungsrechtlichen Status mittels eines Statusfeststellungsverfahrens klären lassen“, rät Ecovis-Steuerberaterin Cornelia Haaske in Grafing.
Cornelia Haaske, Steuerberaterin bei Ecovis in Grafing.
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