Der erste deutsche Versuch, einen „Rassenstaat“ zu errichten, fand ebenso wie der erste Genozid in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, statt. Nur eine Generation vor den Nürnberger Rassegesetzen, dem Vernichtungskrieg im Osten und dem „Generalplan Ost“, experimentierte man dort mit dem Verbot so genannter Mischehen und dem Aufbau einer „rassischen Privilegien-Gesellschaft“. Viele historische Analysen der deutschen Eroberungs- und Beherrschungspolitik in Osteuropa während des Zweiten Weltkrieges ignorieren diese Zusammenhänge.
Der Vortrag macht die kolonialen Elemente der deutschen Besatzungspolitik, des Vernichtungskrieges und des Genozids sichtbar und identifiziert Vorläufer und Vorbilder. Ein Blick darauf hilft auch zu verstehen, warum so viele Deutsche zu Mittätern wurden: Die positive Lesart der europäischen Kolonialherrschaft bis weit ins 20. Jahrhunderts hinein hat dazu beigetragen, den verbrecherischen Charakter der deutschen Herrschaft zu verschleiern.
Prof. Dr. Jürgen Zimmerer lehrt Globalgeschichte mit dem Schwerpunkt Afrika an der Universität Hamburg. Publikationen (u. a.): Völkermord in Deutsch-Südwestafrika. Der Kolonialkrieg in Namibia (1904-1908) und die Folgen, Berlin 2016; Kein Platz an der Sonne. Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte, Frankfurt/M. 2013.
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