Worum ging es?
Klägerin war eine deutsche Filmverwerterin, die die ausschließlichen Nutzungsrechte an zwei Filmen besitzt. Diese Filme wurden von drei verschiedenen Nutzern bei YouTube öffentlich angeboten und jeweils mehrere tausend Mal abgerufen. Die Nutzer handelten unter einem Pseudonym. Die Klägerin möchte diese Nutzer wegen der Verletzung ihrer Urheberrechte in Anspruch nehmen. Sie hatte deshalb zunächst von den beklagten Unternehmen YouTube und Google die Angabe der Klarnamen und der Postanschrift der Nutzer begehrt. Nachdem die Beklagten erklärt hatten, dass ihnen diese Angaben nicht vorlägen, verfolgt sie diesen Anspruch nicht weiter, begehrt aber Auskunft über die E-Mail-Adressen, Telefonnummern und die IP-Adressen.
Wie wurde entschieden?
Das Landgericht Frankfurt am Main hat in der ersten Instanz die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat in der Berufung die Beklagten verpflichtet, die E-Mail-Adressen bekanntzugeben.
Begründung: Die Beklagten seien nach dem urheberrechtlichen Auskunftsanspruch (§ 101 UrhG) verpflichtet, Auskunft über „Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke (…)“ zu erteilen. Unter den Begriff der „Anschrift“ falle auch die E-Mail-Adresse. Dass mit der Bezeichnung „Anschrift“ ursprünglich nur die Postanschrift gemeint war, sei historisch begründet. Es gehe allein um die Angabe des Ortes, an dem man jemanden anschreiben könnte. Setze man „Anschrift“ mit „Adresse“ gleich, erfasse dies eindeutig auch die E-Mail-Adresse. Auch hier handele es sich um eine Angabe, „wohin man schreiben muss, damit das Geschriebene den Empfänger erreicht“.
Telefonnummer und IP-Adresse seien aber nicht vom Auskunftsanspruch umfasst. Denn bei „Anschrift“ einerseits und „Telefonnummer“ andererseits handele es sich um unterschiedliche Kontaktdaten. Und bei der IP-Adresse handele es nicht um eine „Anschrift“, da ihr keine Kommunikationsfunktion zukomme. Denn sie diene allein der Identifizierung des Endgerätes, von dem aus eine bestimmte Webseite aufgerufen werde.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.
(OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.08.2017, Aktenzeichen 11 U 71/16)
Fazit
Über den zivilrechtlichen Auskunftsanspruch kann in solchen Fällen also erreicht werden, an die handelnden Nutzer zu kommen und diese sodann für die festgestellte Rechtsverletzung in Anspruch zu nehmen. Der Weg über das Strafrecht (Strafanzeige) ist damit nicht zwingend erforderlich, kann aber natürlich (auch parallel) gewählt werden.
Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
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Timo Schutt – Fachanwalt für IT-Recht, Dozent
Thomas Waetke – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Dozent & Buchautor
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