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Mehrwertsteuer: Vorsteuervorteil bei Organschaft futsch

Mehrwertsteuer: Vorsteuervorteil bei Organschaft futsch Posted on 4. September 2017

Eine neue Sichtweise der Finanzverwaltung gefährdet Steuervorteile bei der Umsatzsteuer. Insbesondere landwirtschaftliche Betriebe in der Rechtsform GmbH & Co. KG müssen aufpassen.

Auch wenn das Wort Organschaft auf Konzerne und schwierige Beteiligungsstrukturen hindeutet, heißt das nicht, dass landwirtschaftliche Betriebe von Änderungen bei diesem Steuerkonstrukt nicht betroffen sein können. Ein Urteil der obersten Finanzrichter aus dem vergangenen Jahr (siehe auch ECOVIS agrar 2/2016, Seite 3) will die Finanzverwaltung nun anwenden. Es bringt neue Regelungen für die umsatzsteuerliche Behandlung von Betrieben mit in Personengesellschaften ausgelagerten Tätigkeiten mit sich. „Konkret geht es um die Feststellung, dass auch Personengesellschaften, insbesondere in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, künftig als Organgesellschaften in den landwirtschaftlichen Betrieb ihres Gesellschafters eingebunden sein können“, erklärt Ines Wollweber, Steuerberaterin bei Ecovis in Niesky, die geänderte Sichtweise der Finanzverwaltung.

Was hat das nun für praktische Auswirkungen? Bei einer Organschaft werden im umsatzsteuerlichen Sinn das Unternehmen des Landwirts und seine Personengesellschaft als Einheit gesehen. Die zwischen dem Betrieb und der GmbH & Co. KG abgerechneten Leistungen werden als Innenumsätze eingestuft, die unter weiteren Voraussetzungen nicht mehr der Umsatzsteuer unterliegen. Angewendet auf eine häufig anzutreffende Gestaltung bedeutet das: Liefert der Landwirt seine Biomasse mit dem pauschalen Steuersatz von 10,7 Prozent an seine eigene Biogas GmbH & Co. KG, steht der KG bei Vorliegen einer Organschaft kein Vorsteuerabzug mehr zu. Damit entfällt der Pauschalierungsvorteil für alle Lieferungen und Leistungsbeziehungen zwischen dem Hof und der in die Personengesellschaft ausgelagerten Weiterverarbeitung.

Nicht nur wegen dieses Vorteils werden immer wieder Tätigkeiten aus der Landwirtschaft ausgelagert und auf eigenständige Personengesellschaften übertragen. Liegt eine solche Organschaft vor, ist zwar ertragsteuerlich weiterhin von getrennten Unternehmen auszugehen, für die auch eigene Gewinnermittlungen zu erstellen sind. Aber bei der Umsatzsteuer tut man so, als hätte der Landwirt an sich selbst geliefert. Selbst wenn er Rechnungen mit Mehrwertsteuer ausstellt, entsteht bei einer Organschaft keine Umsatzsteuerschuld. Gerade diese Gestaltungen, die auch in umsatzsteuerlicher Hinsicht zur Steueroptimierung erfolgen, werden von den neuen Grundsätzen bedroht.

Aber zur Beruhigung: Es werden nicht alle Personengesellschaften in der Landwirtschaft von diesem Organschaftsproblem getroffen. Bislang war das stets ein Thema, wenn der Landwirt seine ausgelagerte Tätigkeit in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, im Regelfall also einer GmbH, betrieb. War der Landwirt an dieser GmbH mehrheitlich beteiligt, deren Geschäftsführer und gab es Leistungsbeziehungen zwischen beiden Unternehmen, lag eine Organschaft mit den dargestellten Innenumsätzen vor. Die Einstufung einer Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft war im Umsatzsteuergesetz geregelt. Personengesellschaften sind hingegen laut Gesetzestext ausgenommen.

Ein-Personen-GmbH & Co. KG hauptsächlich betroffen
Unter Anwendung EU-rechtlicher Grundsätze zur Mehrwertsteuer hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass auch bestimmte Personengesellschaften wie Kapitalgesellschaften zu sehen und umsatzsteuerlich einzustufen sind. Eine Personengesellschaft ist dann eine abhängige Organgesellschaft, wenn an der Personengesellschaft neben dem Landwirt ausschließlich andere Gesellschafter beteiligt sind, die wiederum als Organgesellschaften in den Landwirtschaftsbetrieb eingegliedert sind. Verständlicher formuliert bedeutet es, dass als Hauptanwendungsfall die Ein-Personen-GmbH & Co. KG davon erfasst wird. „An solchen KGs ist der Landwirt zu 100 Prozent als alleiniger Kommanditist beteiligt, er beherrscht die Komplementär-GmbH und ist über diese der Geschäftsführer der KG“, sagt Ecovis-Steuerberater Armin Fottner in Pfaffenhofen.

Bestehen dann noch Leistungsbeziehungen zwischen beiden Unternehmen, wird künftig die GmbH & Co. KG eine abhängige Organgesellschaft des landwirtschaftlichen Unternehmens sein. Wird also eine Biogasanlage als Ein-Personen-GmbH & Co. KG betrieben, werden in Zukunft die Lieferungen der Biomasse als Innenumsätze eingestuft. Der Vorsteuerabzug von 10,7 Prozent bei der KG entfällt.

Im Umkehrschluss aber sind die Stromerlöse, die die KG erzielt, in umsatzsteuerlicher Hinsicht unmittelbar dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen. Der Strom wird so versteuert, wie wenn die Biogasanlage nicht aus der Landwirtschaft ausgegliedert worden wäre. Die Mehrwertsteuer mit 19 Prozent bleibt. Gleichzeitig hat der Landwirt aber einen anteiligen Vorsteuerabzug im Landwirtschaftsunternehmen aus allen Eingangsleistungen, die mit der Biomasseerzeugung, also beispielsweise dem Maisanbau, im Zusammenhang stehen. „Unterm Strich geht aber der Umsatzsteuervorteil für Personalkosten und die Gewinnspanne letztlich verloren“, fasst Steuerexperte Fottner zusammen.

Mit der Neuregelung und der Einbeziehung von bestimmten Personengesellschaften in die umsatzsteuerliche Organschaft erfolgt ein Quantensprung im Umsatzsteuerrecht. Darum hat die Finanzverwaltung eine Übergangszeit bis 2019 vorgesehen. Dennoch sollte bei entsprechenden Gestaltungen schon jetzt überlegt werden, wie die künftige Beteiligungsstruktur aussehen soll, um die Organschaft zu vermeiden.

Ines Wollweber, Steuerberaterin bei Ecovis in Niesky

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