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Zwischen Intensivbeatmung und Therapieabbruch – Krankenhäuser im Insolvenzverfahren

Zwischen Intensivbeatmung und Therapieabbruch – Krankenhäuser im Insolvenzverfahren Posted on 13. Januar 2017

„Krankenhausinsolvenzen stellen besondere Anforderungen, deren Bewältigung entsprechende Expertise sowohl im Bereich des Insolvenz- als auch des Gesundheitsrechts voraussetzt“, weiß Dr. Jörg Bornheimer, Seniorpartner der Sozietät GÖRG und in den Jahren 2015 und 2016 Generalbevollmächtigter bei den Insolvenzverfahren der Marienhospital Münsterland GmbH sowie des Südhessischen Klinikverbunds. „Die komplexen Strukturen des Gesundheitswesens, unter anderem die politischen Rahmenbedingungen und die Rolle der Kostenträger verlangen den Blick weit über die reinen betriebswirtschaftlichen Lösungsansätze hinaus. Dazu gesellt sich die Herausforderung, dass Krankenhäuser unter hoher und höchster öffentlicher Aufmerksamkeit und emotionalen Auseinandersetzungen saniert werden müssen“.

Demzufolge gilt besonders für Krankenhausinsolvenzen, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens professionell in Abstimmung mit dem Gericht vorbereitet und nach innen wie nach außen transparent kommuniziert werden muss. Leistungsträger, die maßgeblich die gute Reputation eines Krankenhauses geprägt haben, sind an Bord zu halten. Gleichzeitig muss den aktuellen und künftigen Patienten die Sicherheit vermittelt werden, dass das Krankenhaus in der Lage und notwendig ist, um die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.

Die Rolle der Krankenhausplaner und -finanzierer

Die Anzahl der Stakeholder, die über den aktuellen Stand der Dinge in Kenntnis zu setzen sind, ist im Rahmen von Krankenhausinsolvenzen besonders umfangreich. Wie auch bei Industrie- oder Handelsinsolvenzen üblich müssen selbstverständlich die Mitarbeiter und deren Vertretungen, die Lieferanten und Dienstleister wie auch potentielle Investoren zügig und regelmäßig informiert werden.

Im Speziellen muss der Dialog mit den Beteiligten der Krankenhausplanung und der damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Krankenhausfinanzierung gepflegt werden, mithin die für die Aufstellung der Krankenhauspläne zuständigen Landesbehörden sowie die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen respektive die insofern federführende Kasse. Hinzu kommen in der Regel die Zusatzversorgungskassen und bei angeschlossenen medizinischen Versorgungszentren die zuständige Kassenärztliche Vereinigung. Auf diesen Aktionsfeldern seien die Auflagen, Regulierungen, Vorgaben „ein Universum für sich“, so Bornheimer.

Nur wenn die Stellen, die für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen und wirtschaftlich selbständigen Krankenhäusern verantwortlich sind, ausreichend über die geplante Sanierung und ihre Umsetzung fortlaufend unterrichtet werden, kann vermieden werden, dass der eingeschlagene Sanierungsweg „schief“ verläuft und letztendlich scheitert.

Der Insolvenzantrag als ‚Weckruf‘, die Eigenverwaltung als effektives Instrument

Als wesentlichen Vorteil des Insolvenzverfahrens hat sich in diesem Zusammenhang herausgestellt, dass der Insolvenzantrag eine Art „Weckruf“ bewirkt und infolge dessen der dringende Handlungsbedarf erkannt wird und die Einigungsbereitschaft wegen der zwingenden Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen aller Beteiligter – unter anderem Patienten, Belegschaft, Kommunen – zunimmt.

Dabei werden Entscheidungsprozesse aufgrund der verfahrensrechtlichen Fristen trotz der üblichenGremienvorbehalte verkürzt. Darüber hinaus sind die dem Insolvenzverfahren immanenten sanierungsfreundlichen
Instrumentarien zu nutzen, wie etwa der Bezug des durch die Agentur für Arbeit bis zu drei Monaten zu gewährenden Insolvenzgeldes, die Beendigung von Dauerschuldverhältnissen mit ertragsschädigenden Konditionen sowie arbeitsrechtliche Erleichterungen.

Angesichts der komplexen Materie sei es geraten, über das Institut der Eigenverwaltung das besondere kaufmännische wie das medizinische Know-how aktiv und verantwortlich in das Insolvenzverfahren einzubinden. Bei dieser Verfahrensart behält die Geschäftsführung des Krankenhauses die Befugnis, gleichsam eines Insolvenzverwalters in eigener Sache die Insolvenzmasse selbst zu verwalten und über sie zu verfügen. Dabei steht die Geschäftsführung zum einen unter der Aufsicht eines vom Insolvenzgericht zu bestellenden Sachwalters, der ständig die Wahrung der Gläubigerinteressen als verlängerter Arm des Gerichts zu kontrollieren hat. Zum anderen bestehen die Insolvenzgerichte auf die Unterstützung der Geschäftsführung durch einen insolvenzrechtlich versierten Sanierungsexperten, der für die Dauer des Verfahrens in die Geschäftsführung des Krankenhauses berufen und oder zum Generalbevollmächtigten bestellt wird. Mit der Eigenverwaltung wird regelmäßig die Eigensanierung des betroffenen Krankenhauses zum Erhalt des Trägers im Verbund mit einem Insolvenzplan angestrebt. Freilich kann eine erfolgreiche Eigenverwaltung auch zu einer übertragenden Sanierung des Krankenhauses auf einen neuen Träger durch die Übertragung von Vermögenswerten („Asset Deal“) führen.

Das Alleinstellungsmerkmal bei Krankenhaus-Insolvenzen sei, jederzeit „Leben und Tod“ zu berücksichtigen: „Die eigenverwaltende Geschäftsführung gemeinsam mit dem insolvenzerfahrenen Sanierungsexperten habe immer wieder zwischen den nachvollziehbaren lokalen Interessen, das Krankenhaus noch zu retten, und einem medizinisch und personell zu verantwortenden Krankenhausbetrieb abzuwägen“, so Bornheimer zu seinen bisherigen Erfahrungen. „Allen Beteiligten muss jederzeit bewusst sein, dass der möglicherweise sonst übliche Verhandlungspoker bei Krankenhaus-Insolvenzen unangemessen ist“.

Über Dr. Bornheimer und GOERG

Für die Kliniken des Südhessischen Klinikverbundes wie auch für die Kliniken der Marienhospital Münsterland GmbH wurden aufgrund effizienter Sanierungsmaßnahmen abschließende Lösungen gefunden. Beiden Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung stand Dr. Jörg Bornheimer, Seniorpartner von GÖRG, als Generalbevollmächtigter fach- und sachkundig zur Seite. Über das Vermögen der Marienhospital Münsterland GmbH war das Insolvenzverfahren am 1. März 2015 eröffnet worden, für den Südhessischen Klinikverbund am 1. Mai 2016.

Das Team um Dr. Jörg Bornheimer ist spezialisiert auf die Restrukturierung und Sanierung von Krankenhäusern und medizinischen Versorgungszentren mit privaten, öffentlichen und caritativen Trägern, insbesondere in katholischer Trägerschaft. Dr. Bornheimer wird laufend im Rahmen von Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung als Sanierungsgeschäftsführer (Chief Restructuring Officer, CRO) respektive Generalbevollmächtigter hinzugezogen.

Dabei kann er auf eine mehr als 20-jährige Erfahrung, sowohl als Berater im Gesundheitswesen als auch als Insolvenzverwalter, zurückgreifen. Er übernimmt bereits die vorinsolvenzrechtliche Sanierungsberatung, um den Stakeholdern die Vorteile einer außergerichtlichen oder insolvenzrechtlichen Sanierung zu erläutern. Bornheimer und sein Team verfügen über umfangreiche Erfahrungen bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Insolvenzplänen. Das ausgeprägte Netzwerk umfasst den Kontakt zu Ministerien, Bezirksregierungen, Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen. Unterstützung erfahren er und sein Team durch andere Bereiche aus der Kanzlei GÖRG, die Expertisen im Gesundheitswesen vorweisen, insbesondere arbeits-, gesellschafts-, immobilien- und steuerrechtliche Berater. Weiterer Schwerpunkt der Beratung sind Pflegeheime, Arztpraxen und Apotheken.

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